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39. Etappe von Guben/Gubin nach Cottbus

39. Etappe von Guben/Gubin nach Cottbus

Ich werde heute mal ein Eis essen

In Guben gab es gestern keine einzige Kneipe, die geöffnet hatte. So ein Glück, dadurch war ich gezwungen auf die polnische Seite nach Gubin zu spazieren. Dort konnte ich gleich auf der Terrasse des Ratskellers einkehren und wunderbar essen.
Der nette Inhaber hat mir dann auch seine Räumlichkeiten gezeigt. Tolles Lokal mit vielen Bilder von Guben aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg. Da war nämlich Guben eine Stadt, nur getrennt durch die Neiße. Auf der Neißeinsel gab es ein Theater und überhaupt war die Stadt sehr lebendig. Das lag in erster Linie an dem wirtschaftlichen Erfolg der „Gubener Hüte“. Diese Hüte waren wasserdicht und besonders für die Jagd geeignet. Man erinnert sich vielleicht an Bilder der „Aktuellen Kamera“, die den kleinen Erich mit einem großen Gewehr und im Jägerzwirn gewandet zeigte. Und ganz oben saß ein Gubener Hütchen – das Bild hat sich mir eingeprägt, auch wenn ich nicht mehr weiß, zu welchem Anlass er damals auf die Pirsch gegangen ist.
Eben jene Hüte wurden in Guben schon seit vielen Jahrzehnten hergestellt. Während DDR-Zeiten wurde aus den einzelnen Werken eine VEB, die nach der Wiedervereinigung geschlossen wurde. Zwischenzeitlich war die Nachfrage nach wasserdichten Jägerhütchen wohl nicht mehr so groß, da es Alternativen hierzu gab. Heute ist eines der Werksgebäude Heimat des Plastinators Hagen – wer’s mag.
Durch die Teilung der Stadt in einen DDR- und einen polnischen Teil, war der wirtschaftliche Niedergang besiegelt. Hinzu kam, dass gegen Ende des Krieges von beiden Seiten (Sowjet-Armee vs. Wehrmacht) heftig um die Stadt gekämpft wurde. Die Wehrmacht hat hier offensichtlich auf verlorenem Posten rücksichtsloser zugeschlagen. Wie der Wirt erzählt, war vor den Kämpfen der wichtigste Teil der Stadt auf heute polnischer Seite. Davon ist quasi nichts mehr übrig geblieben.
Mein Weg führt mich heute noch ein ganzes Stück an der Neiße entlang. Die heftigen Regenfälle in Sachsen haben den Pegel hier auch ansteigen lassen. Die Neiße hat die Auen an vielen Stellen überschwemmt. Durch die Dämme ist aber kein größerer Schade entstanden.
Die Bauern haben mit der Weizenernte begonnen und fahren mit riesigen Maschinen über die Felder. Mein Weg führt jetzt in Richtung Cottbus, da wird es abwechslungsreicher. Gut so! Ich komme auch an einem Tagebaudenkmal vorbei – dort trauern die ehemaligen Einwohner ihrem Dorf nach und der Abbau scheint auch immer noch zu laufen. Zumindest qualmen die Kühltürme des Kraftwerkes noch.
Die letzten 15 Kilometer bis Cottbus sind dann wirklich spuki. Es geht durch endlose Kiefernwälder, die irgendwie doch sehr monoton aussehen. Wie ich auf Nachfrage erfahre, sind das auch keine natürlich entstanden Wälder – die wurden zu DDR- Zeiten angepflanzt. Die Bäume sind oftmals noch angeritzt und wurden offensichtlich gemolken. Man hat das Baumharz gesammelt – was daraus hergestellt wurde, konnte der Mann mir nicht sagen. Aber Google sagt, es handele sich um Kolophonium, welches als Klebstoff für Pflaster und als Grundlage für Kaugummi zum Einsatz kommt.

Apropos Plaste und Elaste: Auf meinem Weg sehe ich den alten Trabbi mit den beiden kreativen Sitzen. Der hat noch keinen Rost – also gar nicht so schlecht die Idee. Vielleicht brauchte man dafür auch die Kiefernwälder.
Zum Schluss dann noch ein Highlight – der Fürst Pückler Park Branitz mit seinem schönen Schlösschen. Dachte eigentlich, der Eisfürst würde mir erst in Bas Muskau über den Weg laufen, dabei hat er auch schon in Cottbus gewirkt.

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