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Ruhetag in Greifswald

Ruhetag in Greifswald

Bahnfahren oder nicht?

Diese Frage hat sich gestern in Sassnitz gestellt. Nachdem in der Nacht unwetterartige Regenfälle niedergegangen sind und es am Morgen immer noch weiter regnete, habe ich erstmals auf der Tour über das Bahnfahren nachgedacht. Aber der Wetterbericht hat mir eigentlich ab 10 Uhr trockenes Wetter versprochen und ich habe ja auch den Plan möglichst viele Fahrräder einzufahren. Also wollte ich auch auf die knapp 90 km  zwischen Sassnitz und Greifswald ungern verzichten.

Noch einen zweiten Kaffee zum Frühstück, in Ruhe die Nachrichten des Tages lesen und abwarten war also die Devise. Tatsächlich hat der Regen nachgelassen. Aus dem kräftigen Niederschlag ist ein leichter Sprühregen geworden. Nichts, was einen abgehärteten Grenzradler schrecken kann. Los geht’s. Sattel und Rad etwas trocknen und den Hafen von Sassnitz entlang. Letzte Chance den Zug zu besteigen – Unsinn, das geht auch so.

Ich bin mir nicht sicher, wie oft ich diese Entscheidung bereute. Was ich völlig außer Acht gelassen habe, war der Zustand der Radwege nach einem derartigen Guss. Überall wo kein Asphalt, Beton oder Kopfsteinpflaster den Radweg bilden, war der Weg quasi nicht mehr vorhanden. Tief ausgespülte Furchen, Matsch, riesige Pfützen – nichts was ein problemloses Vorankommen garantiert.

Dann immer noch die besondere Vorsicht, da meine Blutverdünner und Thrombozyt-Hemmer schon kleinere Verletzungen zum Problem machen. Also Obacht und an den richtig gefährlichen Stellen vorsichtshalber absteigen.

Dann komme ich noch durch Prora. Neben dem NVA Oldtimer Museum gibt es dort eine Menge Bauten, die früher wohl der Sommerfrische für junge Bürger dienten. Heute ist dieses Gebiet leider aufgegeben und die Bauwerke verfallen. Mit einer Ausnahme: ein Gebäude wurde vom Deutschen Jugendherbergswerk zur Jugendherberge saniert. Soweit ganz schön, aber mit den Nachbargebäuden kein schöner Anblick. Und damit nicht genug – jetzt regnet es schon wieder.

Gott sei Dank nur ein kurzer Schauer, den man unter einem Baum trocken überstehen konnte. Dann wieder wie aus dem Nichts hochherrschaftliche Gebäude mit kleinen Jachthäfen. Ich frage mich, wie man diese Feriensiedlungen mit dem Wagen erreichen kann.

Auf dem Weg nach Putbus geht es dann über Kopfsteinpflaster. Was habe ich vorgestern über die Panzerstraße geschrieben? Ich muss alles korrigieren. Die Panzerstraße fährt sich hervorragend mit dem Rad. Ich bin nur froh, dass ich die by,schulz Sattelstütze habe. Die dämpft doch ganz hervorragend. Bei Kopfsteinpflaster unverzichtbar.

Noch eine Korrektur. Es braucht jede Menge Brücken auf die Insel Rügen. So viele Autos, wie ich auf den Bundesstraßen antreffe (und die muss ich leider manchmal auch benutzen), das erinnert mich an eine Perlenkette. Die Autos rollen in immer gleichen Abständen zu ihren Zielen. Gut – es ist Wochenende und irgendwo in Deutschland hat es sicher Ferien gegeben. Daher der Betrieb.

Endlich erreiche ich die Glewitzer Fähre. Das ist eine gemütliche Fahrt und jetzt ist es ja auch nicht mehr weit bis Greifswald. Aber ich bin ja gewarnt. Basti – der junge Mann aus Hamburg, mit dem ich ein Stück unterwegs war, ist die letzten 30 km mit dem Zug gefahren. Er wollte sich das Kopfsteinpflaster nicht antun. Ich habe ja meine by,schulz. Also scheue ich auch nicht vor dem Belag der alten Hansestraße zurück.

Leider wird da an verschiedenen Stellen gebaut. Dadurch ist die Kopfsteinpflasterstraße entweder komplett gesperrt oder eine einzige Pfütze. Beides zwingt zur Benutzung der Bundesstraße – nicht schön. Gut, dass ich eine auffällige orangene Windjacke trage. Vorsichtshalber habe ich auch das Licht eingeschaltet.

Ganz ehrlich – ich bin froh angekommen zu sein. Nach schreiben war mir nicht mehr. Heute habe ich dann das Rad vom Schmutz befreit, einen neuen Aufkleber auf meine Satteltasche gemacht, Wäsche gewaschen und einen alten Mitradler aus dem schönen Saarland besucht. Leider wurde es anders als geplant ein Krankenbesuch. Ich bin mir aber sicher, dass er bald wieder auf den Beinen ist – die Unterhaltung in tiefstem saarländischem Dialekt hat ihm ganz offensichtlich gut getan und den Heilungsprozess beschleunigt.

Die Hansestadt Greifswald zeigt sich heute bei herrlichem Wetter von ihrer schönsten Seite. Ein kurzer Ausflug zur original Holzklappbrücke aus dem Jahre 1887 über den Ryck lohnt sich allemal. Die Innenstadt ist wirklich lebendig. Als Studentenstadt ist Greifswald immer eine Reise wert. Alte Gebäude und junge Menschen – eine tolle Kombination.

Morgen geht’s weiter. Und ganz sicher nicht mit der Bahn – das Wetter ist gerade hervorragend.

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