Bergfest!
Das ist mir heute früh erst klar geworden. Der Reporter vom Nordkurier hat mich heute vor der Abfahrt für einen Bericht in seinem Blatt interviewt. Und natürlich kam die Frage, wie lange ich denn jetzt schon unterwegs sei. Als ich 40 Tage geantwortet habe, hat es in meinem Kopf gearbeitet. 40 ist doch die Hälfte von 80, also hast du die Tour schon halb gefahren – Mensch, wie schnell die Zeit vergeht. Es kommt mir immer noch so vor, als sei ich gerade erst gestartet. Das ist doch dann auch ein gutes Zeichen?
Ein letzter Blick auf den Stadthafen von Ueckermünde – ein sympathisches Städtchen mit seinem kleinen Marktplatz und wirklich viel Leben für seine Größe. Während meines Interviews haben um uns herum gerade die Marktstände aufgebaut. Da gibt es von der Hose bis zur Hortensie alles, was der Ueckermünder so braucht. Gegessen und geschlafen habe ich in meinem Hotel auch sehr gut, das Frühstück war prima – was will man mehr zur Tourmitte.
Dann wieder durch schöne Moorlandschaft – einfach toll, hier ist sogar asphaltierter Weg. Plötzlich kommt aber wieder einmal ein Schild: rund, rot mit weißer Füllung. Ich erinnere mich dunkel, dass man da nicht durchfahren darf, soll, kann, …
Dann wieder ein Turm, mit einem wunderbaren Ausblick auf das Stettiner Haff. Oben sitzt ein Vater mit seinen beiden schulpflichtigen Mädchen und pausiert. Sie sind auch auf großer Radtour – klasse, da lernen die Kinder was für’s Leben. Apropos lernen, das würde dem Gärtner aus Rieth auch gut zu Gesicht stehen. Der motzt mich nämlich an: „Aber am Tor ist Schluss“ – und das, obwohl ich dem Schild „offene Gärten“ zum Herrensitz gefolgt bin. Sorry, aber da dreh ich doch gleich ab – zumal ich aus dem Augenwinkel erkenne, dass das Häuschen sehr geschmacklos restauriert wurde – die ursprüngliche Substanz ist eh nicht mehr erhalten.
Und da ist sie, die deutsch-polnische Grenze. Mit eindeutigen Markierungen und einem verschlossenen Tor. Der brave Deutsche versucht natürlich einen anderen Weg, zumal hinter dem Tor eine Tiefsandpassage wartet. Die Alternativen erweisen sich als unbrauchbar – also ist das Tor alternativlos, sieht man mal von der Möglichkeit einer gänzlich anderen Streckenführung ab.
Glück muss man haben – da kommt ein Radler von der anderen Seite und schiebt sein Rad schwitzend durch den Treibsand – kein Wunder, das Thermometer zeigt mittlerweile 30 Grad. Auf Nachfrage erklärt mir der nette Mensch, dass nach gut 500 Metern eine Brücke nach Polen kommt. Von dort an ist ein herrlich asphaltierter Radweg in Richtung Stettin.
Und so ist es auch. Vor über 100 Jahren fuhr hier die Randower Kleinbahn. Jetzt ist es ein klasse Radweg, der allerdings auf einer Autostraße fortgeführt wird. Zunächst denke ich, so ein Mist – jetzt wieder Todesangst und Licht an. Aber auf dieser Straße ist überhaupt kein Betrieb. Also singe ich wieder mal „Fahr’n, fahr’n, auf der Autobahn … vor uns liegt das graue Band, weißer Streifen, grüner Rand“.
In Stettin angekommen, bin ich froh das Radison Blu gebucht zu haben. Erstens ist es hier nicht teurer als die Hotels in Deutschland bisher waren, zweitens ist es klimatisiert – daher ist der Bericht heute etwas länger ausgefallen.